Für die Serie „following my exotic destiny“ schlüpft Hanna Nitsch in die Rollen christlich-mythologischer Figuren, wird zu Göttin, zur Madonna und zum Hermaphroditen.
Hermaphroditos war eine ursprünglich besonders in Zypern als Gottheit verehrte männliche Form der Liebesgöttin Aphrodite, die Aphroditos genannt wurde. In der weiteren mythologischen Ausdeutung wird er zur eigenständigen Figur entwickelt. Bei späteren Autoren ist er ein Jüngling, den Aphrodite dem Hermes geboren hatte. Durch Wirken der Götter wird sein Körper mit dem der Nymphe Salmakis verschmolzen, wodurch er zum Zwitter wird. Es sind Statuen des Aphroditos überliefert, welche eine Frau darstellen, die ihr Kleid anhebt, um männliche Genitalien zu enthüllen: eine Geste, der man die Eigenschaften zuschrieb, böse Einflüsse abzuwehren und Dämonen auszutreiben.
Diese frühere Darstellungen scheinen Nitsch inspiriert zu haben. Mit gelocktem Haar und einem Phallus zwischen den Beinen steht sie in einer inszenierten Landschaft. Wie eine dem Weggott Hermes gewidmete Statue steht sie auf einem Sockel, umgeben von bunt glasierten Keramiken, die an Gewächse und fantastische Tiere erinnern. Am blauen Hintergrund/Himmel steht der weibliche Vollmond.
Man spürt in dieser Serie die Lust an der Revision jahrhundertelang eingeübter, vor allem durch die männlich geprägte Kunstgeschichte definierter visueller Codes sowie an Travestie und Maskerade, die mehr enthüllt als verbirgt. Die ikonografisch hochstilisierten Bilder werden zum Ausgangspunkt der künstlerischen Befragung.