Die Serie „Anrufung“ erforscht die Rolle der Künstlerpersönlichkeit und ihre Beziehung zur Kunstwelt. Hingabe, Kampf um Anerkennung, aber auch das Wissen um die eignen Verletzlichkeit und Bedingtheit werden zum Thema.
In „Anrufung #1“ gibt es keine große Geste sondern nur eine zarte angedeutete Bewegung des Kopfes. Auch hier handelt es sich um ein Selbstbildnis. Oberkörper und Gesicht der Künstlerin sind vollkommen in ein Seidentuch eingehüllt. Man kann die Gesichtszüge nur erahnen. Die madonnenhafte leichte Seitneigung des Kopfes suggeriert Verletzlichkeit, Demut und Hingabe. So bleibt die Künstlerin die unkenntliche, verborgene und geheime Persönlichkeit hinter der Kunst. Sie tritt ganz und gar hinter ihr zurück.
Man spürt in den Fotografien von Hanna Nitsch, die Lust an der Revision jahrhundertelang eingeübter, vor allem durch die männlich geprägte Kunstgeschichte definierter visueller Codes sowie an Travestie und Maskerade, die mehr enthüllt als verbirgt. Die ikonografisch hochstilisierten Bilder werden zum Ausgangspunkt der künstlerischen Befragung.