Dieses aktuelle Werk des Chemnitzer Malers Michael Goller kann als Gipfel- und Schlusspunkt seiner letzen Werkphase angesehen werden.
Es gibt Elemente in der Malerei Gollers, die zyklisch wiederkehren und die ihn nicht mehr loslassen: Die Auseinandersetzung mit dem Farbspektrum, das Arbeiten in mehreren Ebenen oder das Wechselspiel von Gestus, Form und Zeichen in der Fläche. Dazu kommen episodische Elemente, die sie aus der Erforschung eines bestimmten Themenkreises oder aus den Wechselspiel persönlichen Erlebens speisen.
Das fertige Werk ist dem Maler somit immer auch ein Zeugnis und Archiv seines gegenwärtigen Interesses und seiner Lage. In der Gesamtschau ist es nie statisch, es entwickelt sich von einem Punkt erster Neugier und Konfrontation, wird in der täglichen Übung verfeinert und schließlich gekonnt und gemeistert. Und dann auf zu Neuem!
Das hier präsentierte Gemälde überzeugt vor allem wegen dieser spürbaren Könnerschaft. Es steht für eine Phase der Reduktion und der Transzendenz. Da ist die subtile Nachbarschaft der Farben: des weiß übermalten, violetten Hintergrunds mit den satten, sich in die Tiefe schiebenden blauen Flächen und Ausschnitten. Und da ist die Form – die helblauen Formationen, deren Ursprung durchaus im Gegenständlichen (Kisten und Stühle im Studio des Künstlers) liegen, deren Körper sich aber soweit verflüchtigt haben, dass der Fokus sich mittlerweile ganz auf die absolute Lage im abstrakten Raum verschoben hat.
In der näheren Zeit wird wohl kein weiteres Bild dieser Art mehr entstehen, denn an diesem Punkt bleibt Goller nichts Neues mehr zu malen. Es kündet sich die nächste Werkphase an und der Zyklus beginnt aufs Nächste.
„Nunmehr vier Jahre später hat sich nicht nur die Erscheinungsform der Werke Gollers radikal verändert, sondern auch die Art und Weise, wie sie entstehen. Nach einem grundlegenden folgenreichen Prozess der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt und sich selbst gelangte der Künstler zu einem neuen Arbeitsprozess, der eine neue Ausrichtung des Œuvres bedingte. Michael Goller braucht nicht mehr den äußeren Eindruck oder eine auslösende Bildidee, um in den kreativen Prozess einzusteigen. Nach Jahren des Erarbeitens der ihm eigenen Bildsprache kann er aus dem Reichtum seines Inneren schöpfen. Um zu diesen inneren Quellen, quasi ad profundum, vorzudringen, bedarf es der Stille, der Abspaltung alles Äußeren, äußerster Fokussierung.
Thomas Bauer-Friedrich, Direktor Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
2/2014 publiziert im Katalog “Nirgendwo ist Eines”